Der Eingangsbereich des BSO Michelstadt.Arbeitswelt – Schulversuch am BSO Michelstadt soll Ungelernte mit Joberfahrung zur erfolgreichen Prüfung führen
 
Das Berufliche Schulzentrum Michelstadt will Interessierte, die Erfahrung in einem Ausbildungsberuf, aber nicht den entsprechenden Abschluss besitzen, künftig individuell beim Nachholen der Prüfung begleiten. Möglich wird dies ab September im Zuge eines bundesweiten Modellversuchs.


Viele, vor allem kleinere und mittlere Unternehmen, kennen das Problem: Guten angelernten und ungelernten Beschäftigten fehlt ein anerkannter Berufsabschluss. Ohne ausreichende Unterstützung und Qualifizierung ist die Hürde oftmals zu hoch, die sogenannte Externen-Prüfung der Industrie- und Handels- und der Handwerkskammer zu bestehen. Eine Lösung ist in Sicht: Ab dem Schuljahr 2015/2016 setzt das Berufliche Schulzentrum Odenwaldkreis (BSO) in Michelstadt einen Schulversuch um, der Teilnehmer individuell und flexibel fördert und auf die Externen-Prüfung vorbereitet, heißt es in einer Pressemitteilung.

Dieses Modell zur beruflichen Nachqualifizierung ist demnach deutschlandweit einmalig. Hessen hat, initiiert von Wirtschafts- und Kultusministerium, eine Vorreiterrolle übernommen und neben den Beruflichen Schulen Untertaunus (BSU) das BSO mit dieser Aufgabe betraut. Im Taunus haben sich die ersten beiden Teilnehmer im Berufsschulunterricht gemeinsam mit Auszubildenden auf die Prüfung vor den Kammern vorbereitet und in weniger als sechs Monaten den Abschluss geschafft.

Auch in Michelstadt stehen die Zeichen günstig, dass dieses Projekt schon bald erste Früchte tragen wird. „Drei Anmeldungen liegen uns bereits vor, einen vierten Bewerber erwarten wir in Kürze“, wird Projektleiter Rüdiger Lang zitiert. Die Teilnehmer kommen aus dem Friseurhandwerk, aus der Kraftfahrzeug – und der Elektronikbranche sowie dem kaufmännischen Bereich. Weitere Anmeldungen sind gewünscht.
Grundsätzlich können Teilnehmer in allen Berufen, die am BSO beschult werden, aufgenommen werden. „Für jeden Bewerber wird individuell ein Rahmenlehrplan erstellt, der flexibel auf dessen zeitliche Möglichkeiten und Voraussetzungen zugeschnitten wird“, stellt Lang die Vorzüge des Programms „QualiBack“ vor. Erster Schritt ist eine Ermittlung des Wissensstands seitens der Beruflichen Schule, um auf dieser Basis den Lehrplan individuell anpassen zu können. Da die Schule bereits vorhandene Fachkenntnisse der Teilnehmer berücksichtigt, ist ein erfolgreicher Berufsabschluss mitunter schon nach wenigen Monaten möglich.

Die Externen-Prüfung können alle Personen ablegen, die über nachgewiesene Berufserfahrungen verfügen. Die geforderte Berufspraxis beträgt dabei für dreijährige Ausbildungsberufe mindestens viereinhalb Jahre und für zweijährige Ausbildungsberufe mindestens drei Jahre. Ausbildungszeiten aus anderen Berufen, eine höhere schulische Allgemeinbildung, ausländische Abschlüsse sowie Zeiten der Berufstätigkeit im Ausland können im Einzelfall ebenfalls angerechnet werden.

Das Angebot richtet sich an sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und geringfügig Beschäftigte, für die vom Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge geleistet werden, ab 27 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung oder an Beschäftigte, die in einem anderen als ihrem erlernten Beruf arbeiten.

Von dem neuen Programm „QualiBack“ profitieren alle, heißt es weiter: Teilnehmer können flexibel und individuell ihren Berufsabschluss nachholen und werden so zur Fachkraft, Unternehmen können ihren Fachkräftebedarf aus den eigenen Reihen decken, und die Berufsschule kann ihre Angebote auf weitere Berufe in Handel, Handwerk und Industrie ausdehnen.

Text: Odenwälder Echo
Foto: BSO
Beitrag: Kevin Sommer am 26.06.2015