In Michelstadt entsteht gerade eine lebensgroße Holz-Skulptur für den Vaterunser-Meditationsweg in Höchst. Davon berichtet Bernhard Bergmann, Referent für Öffentlichkeitsarbeit vom Evangelischen Dekanat Odenwald.
Bislang ist nur eine Haltung zu erkennen, ein Kopf zu erahnen, ein Rücken, ein Leib. „Wenn sie fertig ist, wird die Skulptur die Gestalt eines Engels haben“, erklärt Joshua Scheinemann, der zurzeit auf dem Gelände der Berufsschule in Michelstadt an einem massiven Abschnitt eines Eichenstammes arbeitet. Der 24-jährige, der an der Schule im dritten Lehrjahr die Ausbildung zum Holzbildhauer absolviert, zeigt zum Vergleich das Modell, das er vorab aus Ton geschaffen hat.
Die Skulptur wird ihren Platz auf dem Vaterunser-Meditationsweg am Kloster Höchst bekommen, und zwar an der Station der Brotbitte („Unser tägliches Brot gib uns heute“). Die Neuerschaffung einer Skulptur war notwendig geworden, weil die bisherige, die seit der Eröffnung des Meditationsweges vor sechs Jahren die Brotbitte dargestellt hatte, vollständig verwittert gewesen war. Den Engel, der einen Laib Brot im Arm hält, beschreibt der Künstler als „Bote Gottes, der die Nahrung mitbringt“. Die rechte Hand dieses lebenspendenden Wesens ist geöffnet – nach Joshua Scheinemanns Erklärung mit einer doppelten Bedeutung: „Zum einen gibt er das Brot weiter; zum anderen ist das auch die Geste des Säens und damit der Grundlage für Nahrung überhaupt.“
„Die Hände haben an vielen Stationen des Vaterunserweges eine herausragende Bedeutung“, erklärt Fachlehrer Harald Donke, der mit seiner damaligen Klasse auch die ersten acht Skulpturen für den nach den Worten von Klosterpfarrerin Marion Rink „kleinsten Pilgerweg Hessens“ erarbeitet hatte. Weil Hände für Künstler naturgemäß eine besondere, existenzielle Bedeutung haben, würden sie oft auch in deren Werken hervorgehoben, erklärt Donke, der selbst Holzbildhauermeister und seit 25 Jahren als Lehrer an der Michelstädter Fachschule tätig ist. Er begleitet auch diesmal wieder intensiv die Arbeit seines Auszubildenden.
Donke, der an seiner heutigen Lehranstalt auch bereits selbst sein Handwerk erlernt hatte, holt eine Schablone, welche die Originalgröße der entstehenden Skulptur zeigt. Solche Vorarbeiten ermöglichen eine Orientierung und erleichtern so die Arbeit an einem Werkstück enorm.
„Wir haben viel miteinander nachgedacht, gezeichnet und Entwürfe ausgearbeitet“, sagt Joshua Scheinemann und nennt dabei auch die anderen Auszubildenden seiner Klasse. Schließlich entschied man sich für den Entwurf des 24-Jährigen aus dem Taunus. Das Stück der Eiche, die aus dem Wald bei Mümling-Grumbach stammt, war ursprünglich etwa 1,80 Meter hoch und hatte einen Durchmesser von rund neunzig Zentimetern. „Das Grobe nehme ich mit der Motorsäge weg, die Feinheiten mache ich dann von Hand“, erläutert Scheinemann seine Vorgehensweise. Seit gut zwei Wochen ist er am Werk, etwa zehn Tage Zeit hat er noch, dann muss der fertige Engel nach Höchst umziehen, wo ihm im Wald zwischen Kloster und Schillertempel bereits ein Platz reserviert ist.
Die offizielle Einweihung der neu geschaffenen Skulptur hat Klosterpfarrerin Marion Rink für Samstag (31.) geplant; Treffpunkt für alle Interessierten ist dann um 14 Uhr am Parkplatz des Klosters Höchst in der Frankfurter Straße.
Quelle: Odenwälder Echo am 10.10.2015
Text: Bernhard Bergmann
Beitrag: Kevin Sommer am 16.10.2015