Die Grafik kann leider nicht dargestellt werden!MICHELSTADT – Bildungs- und Jugendpolitik sind im Odenwaldkreis als erste Themen in den Fokus des Landtagswahlkampfs gerückt. Geschafft haben dies Schüler und Kollegium des Beruflichen Schulzentrums Odenwaldkreis (BSO) in Michelstadt, indem sie die regionalen Kandidaten der Parteien für eine frühzeitige Podiumsdiskussion gewannen. Die sechs Politiker Sandra Funken (CDU), Rüdiger Holschuh (SPD), Frank Diefenbach (Grüne), Anton Stortchilov (Die Linke), Moritz Promny (FDP) und Karl-Ludwig Kunstein (AfD) begutachteten in der Aula der Schule 120 junge Leute der Beruflich-Gymnasialen Oberstufe und der Bankkaufleute-Ausbildung. Über Lehrerversorgung wird ebenfalls debattiert.

Politiker vor Ort

„Es ist wichtig, dass die Schüler die Politiker von Person zu Person erleben“, begründete Europaschulkoordinatorin Andrea Dürr das Engagement der Schule im Hinblick auf die Landtagswahl und fand dabei die ausdrückliche Zustimmung von Schulleiter Wilfried Schulz. Die Moderation übertrugen sie mit dem Erbacher Bürgermeister Dr. Peter Traub den beiden Schülern Luca Quaiser und Vanessa Stasch. Zu Beginn hatte jeder Kandidat Gelegenheit, für seine Partei und sich zu werben. Was die Bewerber inhaltlich zu den Lebensthemen der jungen Leute zu bieten haben, stellt sich wie folgt dar.

Lehrerversorgung und Schulausstattung

Zur Lehrerversorgung moniert FDP-Kandidat Promny „die Aushöhlung der gesetzlichen 105-Prozent-Lehrerversorgung“. Die häufigen Verwaltungsaufgaben von Lehrern bemängelt AfD-Mann Kunstein. „Die Arbeitsbedingungen sind derart schlecht, dass Lehrer am Limit sind“, spricht Linken-Bewerber Stortchilov die psychische Belastung an. Diefenbach (Grüne) fordert auf Lehrer und Schüler bezogen „die Besten für die Schwächsten“, CDU-Politikerin Funken ist der Ansicht, die Schulen müssten gehört werden. Lehrermangel ist für sie kein allgemeines Problem. Dem widerspricht Sozialdemokrat Holschuh. Die Unterrichtsgarantie sei nicht erfüllt, da Ausfälle von Lehrkräften in der Planung nicht berücksichtigt würden.

Mangelt es an Investition in Schulen? Eine Umverteilung der vorhandenen Mittel sowie Vermögens- und Erbschaftssteuer bringt Diefenbach ins Gespräch, weil er mehr Geld für Schulbau und -ausstattung für möglich hält. Das Streben des Auditoriums nach einen möglichen Neubau an der BSO können alle sechs Politiker nachvollziehen, die meisten sagen Unterstützung zu.

Von Schülerin Vanessa Stasch auf das das Abitur angesprochen, reagieren die Kandidaten unterschiedlich: Promny meint, man müsse sich davon verabschieden, dass jeder ein Abitur machen muss. Gerade im Handwerk sieht er gute Job-Alternativen. Stortchilov hält dagegen, dass Abiturienten statistisch seltener arbeitslos sind. „Nicht jeder muss Abitur machen, aber jeder der kognitiv dazu in der Lage ist, sollte die Möglichkeit dazu haben“, positioniert sich Diefenbach. „Jeder muss gefördert werden, den besten Bildungsabschluss zu machen“, fügt Holschuh hinzu. Auch ohne Abitur ist es möglich, seinen Weg zu gehen, ist Funken überzeugt.

Die Situation von Jugendlichen im Odenwald

Und was fällt den Kandidaten zur spannenderen und interessanteren Gestaltung des Lebens im Odenwald für Jugendliche ein? Insbesondere die Verbesserung der Infrastruktur und Mobilität im ländlichen Raum bewegt Schüler und Befragte. Stortchilov schlägt Proberäume für Bands und selbstverwaltete Jugendzentren vor; Kunstein möchte „den Jugendlichen zuhören“. Hochschulen in den Odenwald zu holen, sieht Funken als eine Möglichkeit. Holschuh nennt Bürger- und Jugendforen sowie Verbesserungen des öffentlichen Nahverkehrs als Ziele, Diefenbach sieht Lösungen in Carsharing, E-Bussen und einem besseren Anschluss der Dörfer an die Odenwaldbahn. „Ihr könnt hier was reißen“, unterstreicht Promny und erklärt, dass sich mit entsprechendem Druck zwar bessere Rahmenbedingungen schaffen lassen, jedoch Eigeninitiative gefragt ist. Schüler Quaiser hält dagegen: „Wir sollen hier leben, werden aber nach 22 Uhr überall weggeschickt.“

 

Text: Alexander Geisler, Odenwälder Echo am 5.9.2018
Foto: Dirk Zengel
Beitrag: Dr. Sabine Hofmann am 5.9.2018